Der
Rückblick
2016 – 2022
Traditionelle Shakespearekulturbürger hätten es immer am liebsten gesehen, wenn die SONETTE gar nicht von ihrem Idol geschrieben worden wären: Sonette an eine jungen Mann (etwa schwul?), Sonette an eine erotische Frau (etwa Puffgänger?), das passt nicht zu HAMLET. Shakespeare ist aber ein gewaltigerer Kosmos, als deren Schulweisheit sich träumen lässt. Und darum gibt es zwischen all den Königen, Narren und Intriganten mehr als 100 seltsame Liebesgedichte. Und das ist gut so.
Thomas Thieme — 2021
Unverständlicherweise wird Stanislaw Lem immer noch wesentlich als Sciencefiction-Autor gesehen. Mit dem Weltall spielt er aber nur, um umso genauer in die Philosophie und Psychologie auf der Erde blicken zu können. Die Beschreibung seiner absurden Staatsgebilde in der 13. Reise entlarvt nur zu genau die inneren Strukturen der Erdgesellschaften. Wobei nicht verborgen bleibt, in welchem System Lem gelebt hat. Das Weltall hat ihn möglicherweise vor dem Index gerettet.
Thomas Thieme — 2020
Niemand kann behaupten, dass das RWH ein asiatisches Teehäuschen ist. Oder doch?
Der sehr deutsche BB hatte eine gewaltige Zuneigung zur zarten Poesie Asiens. Zeitlebens schleppte er einen asiatischen Holzschnitt mit sich herum, durch alle Stationen der Emigration, bis in die DDR.
Vielleicht ist das RWH ja auch das Zöllnerhäuschen auf dem Wege des Laotse in die Emigration. Und das Rieselfeld drumrum – ist das vielleicht ein Reisfeld?
Thomas Thieme — 2019
Er kann auch während der Lesung ums Rieselwärterhäuschen streichen, er oder sein Wiedergänger: Lenz. Der unglückliche, begabte Lenz, Freund des glücklichen, erfolgreichen Goethe, hat es dem großen Georg Büchner angetan. Ein Ausnahmekünstler setzt dem anderen ein Denkmal, das einzige für Jakob Michael Reinhold Lenz (Der Hofmeister, Soldaten). Wir jagen Lenz mit Büchners Text und Arthur Thiemes Bassgitarre durchs Gebirg.
Thomas Thieme — 2018
In Anknüpfung an das letztjährige Arno-Schmidt-Projekt am selben Ort, hat Gloster! Theaterproduktionen ein Vier-Tage-Programm zusammengestellt, das von einer Wiederaufnahme des Arno-Schmidt-Leseprogramms über einen Dialog zu dem literarischen Schreckensmann Karl Philipp Moritz, einer Schlagzeug-Komposition auf der Grundlage von Rieselfeld-Vogel-Gesängen bis hin zu einer Lesung des mehrfach ausgezeichneten Film- und Theaterschauspielers Thomas Thieme reicht, der in diesem Jahr einen Film mit dem Oscar-Preisträger Volker Schlöndorff in Erfurt gedreht hat, der Ende des Jahres ausgestrahlt werden wird.
Rieselwärterhäuschen — 2017
Für die Zeit vom 18. August bis zum 18. September 2016 verwandeln sich die Kulturetage der Stadtbücherei Münster {Nachschlagewerke} und das Rieselwärterhäuschen in den Rieselfeldern {Flachland} in zwei Lese- und Ausstellungsorte im Dienste Arno Schmidts. Der Schriftsteller Arno Schmidt (1914-1979) war ein früher Radiomann. Mit seinen Funk=Essays, die er für das Radio schrieb, verdiente er sich zeitweise seinen Lebensunterhalt. Der Schauspieler Carsten Bender und der Historiker Thomas Kleinknecht haben ein polyphones Leseprogramm in neun Stationen zusammengestellt, bestehend aus Ausschnitten früher Romane, fiktiver Briefe, Materialien für eine Biografie und besagter Funk=Essays: Eine „Sender-Suche“ mittels Verlautung! Mittels bildnerischer Assoziationen nähert sich die Künstlerin Gertrud Neuhaus dem Autor als Sammler von Alltagsrealitäten.
Thomas Thieme liest Einar Schleefs Erzählung Herr Kowalski – ein moderner Schreckensmann?
Rieselwärterhäuschen — 2016